Warum Schach und Tennis die perfekte Bewertung kennen – und was das für die Schule bedeutet
Ausnahmsweise möchte ich hier auf gute Bewertungsverfahren eingehen, statt schlechte zu kritisieren. Die Qualität der Verfahren lässt Rückschlüsse darauf zu, wie Bewertungen in der Schule aussehen müssen.
Beginnen wir mit Schach: Alle Spieler*innen können eine Bewertung erhalten. Diese entsteht über eine sogenannte Elo-Zahl, benannt nach Arpad Elo. Einsteiger*innen haben eine Elo-Zahl von rund 1000, der aktuelle Weltmeister, Magnus Carlsen, hatte mit 2882 die höchste Bewertung aller Zeiten. Spielen nun zwei Personen gegeneinander Schach, dann bedeuten die Bewertungen Folgendes:
- es lässt sich berechnen, wie wahrscheinlich ein Sieg einer der beiden Personen ist (wenn eine Spielerin mit 1400-Elo-Score gegen einen 1200-Spieler antritt, gewinnt sie die Partie mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 75%)
- am Ende des Spiels werden die Bewertungen der Beteiligten angepasst, so dass die eine Person gleich viele Punkte verliert, wie die andere gewinnt.
Die Bewertung führt also dazu, dass Spielstärken realistisch eingeschätzt werden können und die tatsächlichen Ergebnisse wiederum in die Bewertung einfließen. Ähnliche Verfahren werden im Tennis, bei Computerspielen, im Mannschaftsfußball etc. angewendet.
Elo-ähnliche-Bewertungssysteme haben vier Stärken:
- sie erlauben eine präzise Modellierung von Erwartungen und dadurch eine faire Zuordnung gleich starker Spieler*innen
- sie ermöglichen faire und objektive Vergleiche
- sie passen sich adaptiv der Realität an – was tatsächlich passiert ist, wird in der Bewertung sichtbar
- sie basieren auf keinen anderen Kriterien als den Ergebnissen.
Wenn wir das nun auf die Schule anwenden, dann wäre ein Elo-System sinnvoll, das Schüler*innen erlaubt, ihre Erwartungen in Bezug auf Prüfungen zu erfassen. Sie würden also erkennen können, dass bestimmte Aufgaben für sie noch zu schwierig, andere zu leicht sind. Tatsächlich bewältigte Aufgaben mit höherem Schwierigkeitsgrad würden den Score positiv beeinflussen.
Das bedingt allerdings ein sauberes Kompetenzmodell und Aufgaben, welche die Kompetenzen operativ perfekt abbilden können. Daraus entstünde dann eine komplett individualisierte Lernlandschaft, in der Lernende an Aufgaben arbeiten, die genau zu ihrem Lernstand passen. Der Score würde dann im Idealfall ausdrücken, welche Aufgabe lernen lösen können – und welche noch nicht.