Die Seepferdchenprüfung als ideales Format
Kürzlich hat mir Axel Krommer von einer Seepferdchen-Prüfung erzählt, welche aus meiner Sicht eine ideale Prüfungsform darstellt. Ich hoffe, er schreibt seine Version auch noch auf. Bis ich darauf verlinken kann, hier meine Version von dem, was er mir erzählt hat:
Die Schwimmlehrerin kündet an, am letzten Kurstag fände die Prüfung fürs Seepferdchen-Abzeichen statt. Die Kinder müssten dann die Baderegeln kennen, vom Beckenrand springen, 25 m in Bauch- oder Rückenlage schwimmen, ins Wasser ausatmen, einen Gegenstand aus schultertiefem Wasser mit den Händen heraufholen.
Am letzten Kurstag händigt sie die Abzeichen aus. Die Kinder sind erstaunt, sie hatten mit einer Prüfung gerechnet und waren schon etwas nervös. Die Lehrerin erklärt, sie habe bei Tabea vorletzte Woche gesehen, wie sie vom Beckenrand gesprungen sei, Laerte habe gerade zu Beginn der Stunde einen Gegenstand aus dem Wasser geholt, Kim sei jedes Mal zum Schluss 25 m geschwommen – kurz: alle hätten schon längst gezeigt, dass sie das können, was man können muss, um das Abzeichen zu erhalten. Die Kinder freuen sich, sie sind stolz auf ihre Leistungen und auf das Abzeichen.
Die Lehrerin hat das Seepferdchen aufgrund von Kompetenznachweise verliehen. Sie hat sie psychologisch problematische Prüfungssituation aufgelöst und den Kindern ermöglicht, ihr Können ohne Druck und in einem authentischen Setting zu zeigen. Möglicherweise hat sie die Kinder auch gezielt gefördert, wenn sie gemerkt hat, dass sie eines der Ziele noch nicht erreichen können.
Es ist denkbar, dass ein Kind das nicht kann, was es können müsste. Dann würde die Lehrerin ihm erklären, weshalb es das Abzeichen noch nicht bekommt. Eine Prüfung würde hier wenig Sinn ergeben: Das Kind kann nur scheitern.
Das von mir aktuell verwendete Verfahren mit Kompetenzrastern ist eine Seepferdchenprüfung, die ich jedes Semester durchführe. Ich gebe den Lernenden Gelegenheit, ihr Können zu zeigen. Das reicht, um Noten zu geben: Prüfungen braucht es nicht. Sie haben keinen zusätzlichen Wert, sondern schaffen nur Stress, Verzerrungen und unangenehme Arbeitssituationen.