Beurteilung hier & jetzt verbessern: 5 Hacks

Ein Hack ist eine spielerische Auseinandersetzung mit Vorgaben. Die Vorgabe, dass Lehrpersonen bewerten und benoten müssen, lässt sich so schnell nicht ändern. Ein kreativer Umgang damit ist aber durchaus denkbar – deshalb fünf Tipps, wie Lehrpersonen bereits jetzt sinnvolle Praktiken entwickeln können, welche Probleme der Beurteilung vermeiden.

Noten sind oft ein »Ermessensentscheid«: Eine Lehrperson setzt die Note aufgrund ihrer Expertise. Kriterienraster oder andere kleinteilige Formen von Zahlenspielen verhindern, dass Lehrpersonen Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen müssen, sie suggerieren, die Noten seien objektiv aufgrund der Leistungen entstanden, welche Schüler*innen erbracht haben. Wer sich hinstellt zu deutlich macht, dass es eine aktive Handlung ist, eine Note zu vergeben, nicht ein Mess- oder Berechnungsvorgang, übernimmt Verantwortung für diesen Prozess.

Wer in Bezug auf die psychische und zeitliche Belastung von Schüler*innen vernünftig agiert und Lernende nicht überfordert und bestraft, merkt, dass Schüler*innen weniger Zeit für das eigene Fach aufwenden, dass sie andere Prioritäten setzen. Das sollten Lehrkräfte begrüßen – es ist wichtig, dass es weiche Fächer gibt, wo kein Druck entsteht. Wir geben so anderen Lehrpersonen Raum – und den Schüler*innen die Möglichkeiten, dem Druck zu begegnen, der auf ihnen lastet.

In ihrem Physikunterricht arbeitet Katarina Gromova phasenweise so: Verschiedene Kompetenzen werden in unterschiedlichen Qualitätsstufen (Lernzieltaxanomie) festgehalten. Wer bis zum Ende des Semesters alle Kompetenzen auf der tiefsten Stufe nachweisen kann, erhält eine genügende Note – wer alle auf der höchsten Stufe nachweisen kann, erhält die Bestnote. Unterricht bedeutet nun primär, dass Schüler*innen sich auf die Kompetenznachweise vorbereiten. Sie eigenen sich Kompetenzen an – sobald sie so weit sind, zeigen sie, was sie können. Das bedingt eine agile Organisation sowie die Fähigkeit, selbstorientiert lernen zu können.

Kürzlich hat ein Teilnehmer an einer Gesprächsrunde gesagt, er betrachte Bewertungen wie ein Heftpflaster: Man müsse es möglichst schnell und möglichst schmerzlos abreißen. Das bedeutet: Wenig Zeit und Emotionen und Bewertungen stecken und dann den Rest der Zeit mit echten Lernerfahrungen verbringen. Die Schüler*innen erhalten so den Eindruck, dass Bewertungen nicht im Mittelpunkt stehen, sondern eigentlich ein weglassbarer Nebeneffekt sind (genauso ist es ja). Die Idee vom letzten Newsletter, gute Noten einfach so zu geben, treibt das Heftpflaster-Bild auf die Spitze. Selbstverständlich sind weniger extreme Varianten denkbar.

Und zuletzt das, was ich schon länger praktiziere: ein Verzicht auf klassische Prüfungen. Schüler*innen werden nicht dazu getrieben, zeitgleich Aufgaben zu bearbeiten und sich komprimiert darauf vorzubereiten. Vielmehr arbeiten sie prozessorientiert an Lernprodukten und gestalten dialogisch den Unterricht mit. All das bewerte ich – schnell, wie man ein Heftpflaster abreißt, und mutig, im Rahmen meiner pädagogischen Verantwortung.

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